Mehr als 936 Millionen Menschen weltweit leiden an einer obstruktiven Schlafapnoe – 26 Millionen davon in Deutschland
16. Juli 2019
- Die neue Prävalenz ist zehn Mal größer als die Einschätzung der World Health Organization (WHO) von 2007, die noch von 100 Millionen Menschen ausging.
- Die Studie besagt, dass unbehandelte obstruktive Schlafapnoe zu “signifikanten neurokognitiven und kardiovaskulären” Erkrankungen führen kann sowie hohe gesundheitsökonomische und soziale Kosten verursacht.
- Die Studie betrachtet Daten aus 193 Ländern und basiert auf Daten der WHO und den United Nations (UN).
Über 936 Millionen Menschen weltweit leiden an einer obstruktiven Schlafapnoe laut einer Veröffentlichung1 im The Lancet Respiratory Medicine, der führenden medizinischen Publikation in diesem Bereich. Dies ist somit die neueste Prävalenzschätzung zu dieser Erkrankung seit über 10 Jahren.
The Lancet veröffentlichte diese Woche eine multinationale Analyse die von zwölf der führenden Wissenschaftler im Bereich der Schlafforschung in Zusammenarbeit mit der Firma ResMed erstellt wurde (NYSE: RMD, ASX: RMD). Die vorläufigen Ergebnisse wurden auf dem ATS 2018 Kongress in San Diego vorgestellt.
Die neue Prävalenzzahl ist zehn Mal so hoch wie die Einschätzung der WHO aus dem Jahr 2007, die noch von ca. 100 Millionen Betroffenen ausging. Damit einher geht der dringende Aufruf an Gesundheitspolitik und Leistungserbringer, die Voraussetzungen für die Identifizierung, Diagnose und erfolgreiche Therapie von Betroffenen zu verbessern, denn ein Großteil der an obstruktiver Schlafapnoe erkrankten Menschen hat keine Kenntnis darüber, dass sie die Erkrankung hat.
„Über 95% Prozent der Patienten in Deutschland, die an Schlafapnoe leiden, sind nicht diagnostiziert oder therapiert. Das bedeutet, dass über 20 Millionen Menschen in Deutschland jede Nacht um Luft ringen anstatt von gesundem Schlaf zu profitieren,” sagt Katrin Pucknat, CEO von ResMed Germany. Prof. Dr. Christoph Schöbel, Professor für Schlafmedizin mit Schwerpunkt Telemedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) sowie Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums der Ruhrlandklinik, der Lungenfachklinik der Universitätsmedizin Essen (UME): “Für uns in Deutschland sind die publizierten Prävalenzzahlen besonders interessant, da hier die aktuellen epidemiologischen Daten aus der deutschen SHIP-Studie2 Eingang finden. Legt man den Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) als diagnostisches Kriterium für eine bestehende schlafbezogene Atmungsstörung zugrunde, scheint die obstruktive Schlafapnoe in der Tat eine Volkserkrankung darzustellen. Der AHI sollte jedoch nicht alleiniges Kriterium für die Entscheidung für oder gegen eine weitere diagnostische Abklärung oder Therapie sein. Daher unterstreichen die neuen Daten die Bedeutung einer qualitativ hochwertigen schlafmedizinischen Versorgung auf allen Ebenen.“
Die richtige Diagnose bei obstruktiver Schlafapnoe
Betroffene wissen oft nicht, dass sie Symptome haben, da diese im Schlaf auftreten: Man hört für zehn Sekunden oder länger im Schlaf auf zu atmen – das bezeichnet man als „Apnoe“ – und wird immer wieder aus dem Tiefschlaf gerissen, um nicht zu ersticken. In den meisten Fällen wacht man selbst aber nicht auf. Betroffene haben daher oft keine Erinnerung an die Apnoen, leiden aber durch die ständige Störung des Schlafes an chronischer Ermüdung.
“In vielen Fällen wird die Ermüdung auf Alter oder Stress geschoben,” sagt Pucknat. “Im Gespräch mit dem Hausarzt ist es nicht unüblich, dann mit Insomnie, Migräne, chronischer Erschöpfung oder psychischen Störungen fehldiagnostiziert zu werden. Besonders oft wird die Erkrankung bei Frauen falsch beurteilt, da Schlafapnoe immer noch als typisch männliche Erkrankung gilt. Dabei sind 40% der Betroffenen mittlerweile Frauen.“
Ein weiterer Faktor für die niedrigen Diagnoseraten ist eine kulturelle Vorstellung von gutem Schlaf. “Oftmals wird Schnarchen im Schlaf als normal angesehen, obwohl Schnarchen eines der wichtigsten Symptome für Schlafapnoe ist,” so Pucknat. “Bei 24 Millionen Betroffenen in Deutschland müssen Ärzte und Patienten die Risiken abwägen und Möglichkeiten schaffen, um Betroffenen schnell zu helfen. Schlafapnoe ist kein Problem mehr, dass man verharmlosen oder ignorieren sollte.“
Prof. Schöbel appelliert zudem an das deutsche Gesundheitssystem: „Angesichts des bestehenden Nachwuchsmangels können wir nur durch gemeinsame Kraftanstrengungen vonseiten der Ärzteschaft, der Kostenträger und der Gesundheitspolitik eine bessere Diagnose und somit eine bessere Versorgung erreichen. Denn eines sollte im Zentrum unser aller Bemühungen stehen: das Wohl unserer Patienten!”
1 Adam V Benjafield, PhD, Najib T Ayas, MD, et al. – Estimation of the global prevalence and burden of obstructive sleep apnoea: a literature-based analysis, The Lancet Respiratory Medicine 2019
2 Fietze et al, Prevalence and association analysis of obstructive sleep apnea with gender and age differences – results of SHIP-Trend, J Sleep Res 2018